Was brauche ich wirklich – eine neue Form der Askese
Was brauche ich wirklich – Eine neue Form der Askese
Was brauche ich wirklich?
Auf dem Weg nach Hause habe ich eine spannende Reportage zum Thema „Moderne Askese“ gehört. Ein unfassbar großes Thema, das gerade so viele Bereiche in meinem Leben angesprochen hat und mich noch mehr zum angeregten Nachdenken gebracht hat. So sehr, dass ich diese Gedanken gern teilen möchte. (Nachhören könnt ihr es in der ARD Mediathek, WDR 5)
Was bedeutet Askese?
Aus Sicht des Studiogastes ging es darum, zu hinterfragen, was wir in der heutigen Zeit brauchen oder worauf wir auch verzichten können.
Verzicht ruft vielleicht in vielen von uns erstmal den Gedanken wach, etwas nicht mehr haben zu können. Doch darum geht es nicht. Durch eine andere Reportage, die genau diesen Aspekt als Thema hatte, habe ich für mich verinnerlicht, dass Verzicht bedeutet, sich für etwas bewusst entscheiden zu dürfen. Nicht, etwas nicht mehr haben oder machen zu dürfen, sondern den Gewinn darin zu erkennen, dass es in meiner Macht liegt, eine Entscheidung zu treffen. Ein Bewusstsein zu entwickeln für die eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten. Die freie Wahl zu haben. Also eigentlich bedeutet Verzicht so auch, neue Wahlmöglichkeiten zu haben.
Während dieser Reportage ging es unter anderem darum, alleine oder in Gesellschaft zu leben -solitär oder solidär – ein großartiges Wortspiel wie ich finde. (Albert Camus) Wieviel Gemeinschaft ist mir wichtig und wieviel Zeit brauche ich auch nur für mich? Alleinsein, aber nicht einsam sein.
Was steckt hinter dem Wunsch nach Einsamkeit?
Einsamkeit, ein anderes großes Thema unserer heutigen Zeit. Ab wann wird der Wunsch nach Alleinsein zum Rückzug in die Einsamkeit? Und was führt dazu, dass wir den Wunsch nach Rückzug haben. Ist es ein Wunsch, der für uns wichtig ist, um wieder in unsere Kraft zu kommen? Oder resultiert er daraus, dass uns alles zu viel wird?
Aus meinem Leben kann ich sagen, dass ich das Zusammensein mit Menschen sehr mag, auch in Verbindung mit anderen zu sein, Kontakte zu knüpfen und mich mit anderen auszutauschen und weiterzuentwickeln. Auch Menschen zu berühren.
Als Ausgleich dazu brauche ich das Leben in und mit der Natur. Einen Rückzugsort, wo ich nur wenig Kontakte habe und hier wieder auftanken und durchatmen kann. Und wo ich auch von den „Verführungen“ des Lebens in der Stadt und dem scheinbar dazugehörenden Konsum, geschützt bin.
Verführungen
Beim Leben in der Stadt ist man ständig Konsum-Verführungen ausgesetzt. Das Kaffeetrinken mit Freunden zähle ich mal zu sozialen Kontakten. Aber wie schnell ziehen auch kleine Dinge unsere Aufmerksamkeit an. Ein leuchtendes Tuch oder das duftende Duschgel, obwohl wir ganz sicher noch eins zuhause in unserem Badezimmer haben. Ein Schild mir reduzierten Preisen. Selbst der Flohmarkt am Samstagmorgen lockt mit vielen tollen Angeboten. Auch wenn ich eine leidenschaftliche Second-Hand-Käuferin bin, weil auch das für mich eine Form von Nachhaltigkeit ist, bedeutet es ja immer noch Konsum. Und so hilft auch hier ganz sicher die Frage: „Brauche ich dieses Oberteil tatsächlich?“
Das ist generell eine Frage, dich ich mir immer wieder stelle und vor allem dann, wenn ich mich durch ein tolles Teil, ganz egal ob Kleidung oder Deko – angesprochen fühle.
Brauche ich das wirklich? Ist auch eine Frage, die ich mir stelle, wenn es um Weiterbildungen geht. Ich lerne für mein Leben gern. Ich habe einen unglaublichen Hunger auf Wissen. Damit mich dieser Wunsch nicht zum Weiterbildungs-Junkie macht, erfordert es oft ein kleines bisschen Kraft. Die, dem Sog zu widerstehen. Das bedeutet ja nicht, dass ich plötzlich verblöde und alles bisher Gelernte verschwunden wäre. Es bedeutet einfach nur, sich die Frage zu stellen, ob diese Fortbildung wirklich so wichtig ist und wofür.
Diese Wofür-Frage stelle ich mir und anderen auch in andere Hinsicht sehr gern. Wofür tue ich das, was ich tue? Spannend um herauszufinden, was der Kern auch meines beruflichen Tuns ist.
Und da kommen wir schon zum nächsten Thema. Denn der Beruf bedeutet im besten Fall auch, damit Geld zu verdienen.
Kennst du den Wunsch, in finanzieller Freiheit zu leben? Dazu kann ich dir eine erkenntnisreiche Podcastfolge von Anna Schaub empfehlen. Was ich daraus mitgenommen habe, dass finanzielle Freiheit in gewisser Weise auch Verzicht bedeutet. Aber auch hier im positiven Sinne. Denn der erste Schritt ist ganz einfach. Eigentlich. Lebe einfach unter deinen Verhältnissen. Also gebe weniger Geld aus, als du zur Verfügung hast. Sich die Frage zu stellen, was bedeutet finanzielle Freiheit für dich und auch hier das große Warum oder Wozu – was ist der Wunsch dahinter, weshalb du dir finanzielle Freiheit wünschst. Und noch ein sehr spannender Gedanke – Wenn Freiheit dein höchster Wert ist, dann bist du weit entfernt von finanzieller Freiheit. Den Rest darfst du dir bei Interesse selbst anhören. Denn sonst wird dieser Blogartikel ein Buch.
Lebe unter deinen Verhältnissen
Bekommst du gerade Schnappatmung? Unter deinen Verhältnissen. Klingt das nicht nach Armut oder mindestens nach sich wenig leisten dürfen? Spannend oder?
Wir alle, also wir als Menschheit und nicht jedes Individuum, aber schon einige von uns, leben über unseren Verhältnissen. Und damit meine ich nicht unsere finanziellen, sondern was die Ressourcen betrifft, die uns zur Verfügung stehen. Der Erdüberlastungstag, also der Tag an dem wir die Ressourcen aufgebraucht haben, die uns für ein Jahr zur Verfügung stehen, rückt zeitlich immer mehr nach vorn. Die Natur zeigt uns, was sie davon findet. Mit Hochwasser, Hitzewellen und Stürmen. Ich bin ja von Natur aus zuversichtlich. Deshalb finde ich auch Menschen so großartig, die neue Wege gehen, Inspirationen geben und diese neuen Wege vorleben. Menschen die Gemüsegärten anlegen, die Lebensmittel retten, die nachhaltig produzieren und die, die nachhaltig kaufen, die etwas für die Gemeinschaft tun, die Angebote für Kinder schaffen und für Ältere. All die, die diese Welt zu einem besseren Ort machen wollen.
Und es gibt so viele Möglichkeiten.
Noch so ein Punkt. Im Sinne von etwas Sinnvolles tun, ist eine Vielzahl von Möglichkeiten eine großartige Sache.
So viele Möglichkeiten – doch wofür entscheide ich mich
Wie oft hast du dich aber schon in einem Overflow gefühlt, wenn du sozial media durchscrollst. Ein Überangebot an Möglichkeiten und ich nehme mich da nicht aus. Es ist ja auch ein Teil meines Business. Aber auch mich nervt es ziemlich oft. Durch 2021 ist das Angebot noch größer geworden. Und was passiert, wenn du zum Beispiel in einem Supermarkt mit 70 Käsesorten stehst? Du kannst dich nicht entscheiden und kaufst nichts. Da gilt es, bewusst zu wählen – Was braucht mein Körper, mein Geist und meine Seele?
Das ist das, was einige Selbständige gerade spüren. Natürlich führen auch noch andere Ereignisse dazu, aber ich glaube, dass es das Überangebot an Möglichkeiten ist. Und „laut“ verkauft. Oder vielleicht auch nicht. Wer weiß. Denn auch viele Selbständig sind in einer Zwickmühle. Ihr Angebot ist ihr Business. Wo, wenn nicht auf social media, können sie es denn noch anbieten? Der Flyer von früher funktioniert nicht mehr. Der neue Flyer ist social media. Ich kenne sehr viele gute Leute, die ein großartiges Angebot haben, aber keinen Bock auf lautes Marketing und auf der Suche sind, den neuen Weg zu finden. Denn auch hier hat sich einiges verändert. Was früher 100%ig funktioniert hat, funktioniert heute ganz anders. Ist auch spannend und auch hier kann ich ein Lied davon singen. Wie oft dachte ich schon, “Da hab ich keinen Bock mehr drauf. Da spiel ich nicht mehr mit. Aber dann denke ich daran, was mein „Warum“ ist, weshalb ich das, was ich tue so liebe und was ich damit geben möchte. Und dann entscheide ich mich, doch mitzuspielen, aber nach meinen eigenen Regeln, wie es mir entspricht und hoffe darauf, dass mich genau die Menschen finden, für die es gedacht ist.
Das erfordert aber auch Flexibilität, Ausdauer, Zuversicht und Selbst-Vertrauen.
Wieviel Vergleich ist gut?
Selbstvertrauen. Der Glaube an sich selbst. Der wird ziemlich gefordert, wenn es um social media geht. Da geht es ganz viel ums Vergleichen. Was an sich nicht schlecht sein muss. Es kann sogar motivierend wirken. Im Sport gibt es dafür Wettkämpfe, weil es auch bedeuten kann, dass ich mich weiterentwickele. Bei social media führt es aber häufig dazu, dass dieses höher, schneller, weiter, besser eher dazu führt, dass man genervt ist oder auch verwirrt. Wie oft hat man das Gefühl getrieben zu sein, mitrennen zu müssen. Da auszusteigen und sein eigenes Ding zu tun, das erfordert ein hohes Maß an Bewusstsein – Sich seiner selbst bewusst sein. Und da sind wir beim Ausgangspunkt dieses Artikels. Bewusste Entscheidungen zu treffen. Für sich selbst und eine bessere Welt.
Sich darüber bewusst zu werden, was will ich wirklich und welchen Teil kann ich beitragen. Und sich immer und immer wieder daran zu erinnern.
Bedeutet das Verzicht? Ich glaube, darin liegt ein ganz großer Gewinn.